Bis April 1945 und damit noch vor der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 hatte sich die Bevölkerungsstruktur in Sachsen durch Abzug der wehrfähigen Männer, den Zuzug von Fremdarbeitern, den Einsatz von Kriegsgefangenen und die Unterbringung von Bombenevakuierten erheblich verändert. Im Winter 1944 erreichten die ersten Flüchtlingstrecks Sachsen und im März und April 1945 strömten Trecks mit Hunderttausenden von Flüchtlingen in das Land.
Ende April bis Anfang Mai entwickelte sich die Lage chaotisch. Mit der Besetzung durch die Rote Armee ging der Zusammenbruch der deutschen Verwaltung und des gesamten Transportwesens einher. Marodierende sowjetische Truppen, ver- sprengte deutsche Verbände, herumirrende deutsche Flüchtlinge und befreite Zwangsarbeiter durchzogen das Land.
Im Mai 1945 begannen die sogenannten wilden Vertreibungen aus Polen und der Tschechoslowakei. Die Polen sperrten die Oder-Neiße-Übergänge, um die Rückwanderung der Flüchtlingstrecks zu verhindern. Gleichfalls sperrten die Amerikaner die Mulde- Übergänge. Im Mai und Juni 1945 kam es zu schweren Versorgungsengpässen und danach konnte nur eine Notversorgung aufrechterhalten werden.
Bis zum 31.12.1945 wurden in Sachsen 683.488 Flüchtlinge gezählt. In den Jahren 1946 und 1947 kamen dann willkürlich Vertriebene und planmäßig Ausgewiesene hinzu, so dass die aufzunehmende und zu integrierende Zahl an Flüchtlingen und Vertriebenen bis Ende September 1947 auf 1.125.156 anwuchs (Tabelle 1).
Von Bedeutung ist dabei die Zusammensetzung dieser Bevölkerungsgruppe. Sie war mehrheitlich ländlichen Ursprungs, bestehend, wie damals üblich, aus überwiegend beruflich weniger qualifizierten Frauen, Kindern und einer unterproportionalen Gruppe von überwiegend älteren oder invaliden Männern. Die Integration der Umsiedler in den nachkriegsbedingten desolaten Arbeitsmarkt stellte die Behörden bzw. die Gesellschaft vor besondere Schwierigkeiten.
Herkunftsländer der Flüchtlinge und Vertriebenen waren die polnisch besetzten Gebiete, die UdSSR, die CSR, Ungarn und Rumänien. Flüchtlinge und Vertriebene kamen, wenn auch in geringerer Anzahl, aber auch aus Mecklenburg und Dänemark. Dem Zuwanderungssaldo standen Abgänge in die Westzonen, und die anderen Länder in der SBZ gegenüber.
Die „Umsiedler“ und Evakuierten waren sachsenweit sehr unterschiedlich verteilt. Während die zerstörten Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz kaum „Umsiedler“ und Evakuierte aufnehmen konnten, drängten sich diese in den Landkreisen zwischen Neiße und Zwickauer Mulde umso mehr. So bestand beispielsweise die Bevölkerung im Landkreis Großenhain mit Stichtag 15. Oktober 1947 zu 29 % aus Umsiedlern und Evakuierten (Tabelle 2).
Mit den Belangen der Umsiedler waren bei den neu entstehenden Behörden Umsiedler-Abteilungen befasst. Auf Seiten der Flüchtlinge und Vertriebenen waren Umsiedler-Ausschüsse die Ansprechpartner. Auf alle wesentlichen Maßnahmen der Verwaltungen nahm die Besatzungsmacht über Verbindungsoffiziere der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) fortlaufend Einfluss. Im Falle der Nichtbefolgung von Befehlen drohten rigorose Sanktionen. Hinzu kam später auch die Einflussnahme von Parteien, insbesondere der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD).
Die Verwaltungen beschränkten sich zunächst auf:
Die Einweisung der „Umsiedler“ in Wohnraum erfolgte unter besonderem Druck der SMAD. Durch diese Maßnahme sollte die Vertreibung so schnell wie möglich unumkehrbar gemacht werden, dies, obwohl die Flüchtlinge und Vertrieben angesichts des Winters 1945/1946 lieber in den Lagern geblieben wären.
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